Der Ort strahlt Geborgenheit aus, bereitet ein warmes Willkommen. Per Bewegungsmelder öffnet sich das Portal an der Südseite der Kirche automatisch. Dahinter versiegt der Strom des städtischen Trubels. Stille greift um sich. Im Vorraum findet sich für Pilger ein Stempel zur Selbstbedienung. Immer wieder treten Gläubige ein.
Annahaupt – ein wertvolles Reliquiar
Im Halbdunkel der Pilgerhalle flackern Kerzen. Ihre Spiegelungen fluten als Lichterteppich über den Boden. Wie magnetisch zieht das Heiligste die Blicke an, animiert zum Innehalten, zum Gebet: ein schmiedeeiserner Gitterschrein, der auf Säulen ruht und ein winziges Satteldach trägt. Er birgt das „Annahaupt“, ein wertvolles Reliquiar, das seit über einem halben Jahrtausend Verehrung genießt.
Zu Hause ist es im rheinischen Düren, in der Kirche St. Anna, deren Fassadenkleid aus Buntsandstein besteht. Ihr 50 Meter hoher Turm ist das Wahrzeichen der Kreisstadt und zugleich ein Mahnmal, denn die vormals gotische Prachtkirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Am selben Platz steht bereits seit über 1300 Jahren eine Kirche. Ursprünglich war sie dem heiligen Martin geweiht.
Kirche von Bomben zerstört
Der Luftangriff britischer Bomber am 16. November 1944 ging als schwärzester Tag in Dürens Geschichte ein. Bald danach begannen die Menschen, auf den Trümmern „Kerzen als Ausdruck der Hoffnung auf einen Neubeginn“ zu entzünden, sagt Pfarrer Hans-Otto von Danwitz. Der Wiederaufbau in den 1950er Jahren geriet zu einem der bedeutendsten Sakralbauten der Nachkriegsmoderne in Deutschland. Eingearbeitet wurden Trümmerteile des Vorläufers.
Anna-Oktav als "stille geistliche Woche"
Die Kirche trägt den Namen der heiligen Anna, der Großmutter Jesu, der Mutter Mariens. Ihr Festtag steht am 26. Juli an, natürlich auch in Düren. Traditionell ist er dort verbunden mit der Anna-Oktav, die in diesem Jahr durch die Corona-Umstände bis 2. August als „stille geistliche Woche“ begangen wird. Die Annakirmes, eines der bekanntesten Volksfeste im Rheinland, fällt aus. Die Verehrung der Heiligen aber ist durch die Auswirkungen der Pandemie vielleicht noch intensiver als sonst.